Wenn wir uns mit der didaktischen Aufbereitung von Lernmaterialien beschäftigen, müssen wir einen Blick in die Lernpsychologie werfen und die Fragen klären: Inwiefern beeinflussen die Motivation des Lernenden und dessen Emotionen den Lernerfolg?
Ausschnitt aus meiner Masterarbeit:
Motivation und Emotionen sind vom Lernprozess nicht trennbar, sie ermöglichen Bildungsprozesse oder verhindern sie gar (Vgl. Siebert, 2003, S. 141). „Emotion und Motivation stehen beide in enger Verbindung zur Kognition: Emotionen haben eine kognitive Komponente, und Motive (wie auch Interessen) sind kognitiv repräsentiert.“ (Reinmann, 2005, S. 61) Auf die Merkmale von Motivation und Emotion wird im Folgenden näher eingegangen.
„Motivation ist ein psychischer Prozess, der die Initiierung, Steuerung, Aufrechterhaltung und Evaluation zielgerichteten Handelns leistet.“ (Dresel & Lämmle, 2011, S. 81) Im Gegensatz zur extrinsischen Motivation, der Motivation von außen her, kann intrinsische Motivation wie folgt definiert werden: „Intrinsische Motivation kennzeichnet die Bereitschaft, eine Handlung auszuführen, weil sie für sich selbst befriedigend oder belohnend ist; entweder weil die Tätigkeit als solches positiv erlebt wird (tätigkeitsspezifische Anreize) oder weil das Thema als interessant erlebt wird (Interesse).“ (Dresel & Lämmle, 2011, S. 89)
Ob eine Person beim Lernen primär intrinsische oder extrinsische Motivation zeigt, ist von zwei Faktoren abhängig: 1) Wie viel Selbstachtung die Person hat und wie groß ihr Bedürfnis nach äußerem Studium ist, und 2) wie hoch die Bedürfnisse sind, Kenntnisse zu erwerben, um die Umwelt zu verstehen (Vgl. Ausubel, Novak, & Hanesian, 1981, S. 43).
Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation beschreibt die drei grundlegenden psychologischen Bedürfnisse, die für intrinsisch und extrinsisch motiviertes Handeln relevant sind:
– Bedürfnis nach Autonomie oder Selbstbestimmung: Eigenen Willen entwickeln und eigenen Interessen nachgehen
– Bedürfnis nach Kompetenz der Wirksamkeit: Aus sich selbst heraus handeln, Aufbau von Leistungsmotivation
– Bedürfnis nach sozialer Bezogenheit oder sozialer Zugehörigkeit: Bedürfnis nach Kontakt, sozialer Interaktion mit anderen, gegenseitigem Austausch
Reinmann fügt noch ein weiteres Bedürfnis hinzu: Das Bedürfnis nach Umweltbezug, was sich in Neugier und Interesse zeigt. Alle oben genannten Bedürfnisse besitzt der Mensch von Geburt an. Erst wenn dem Lernenden die Möglichkeit gegeben wird, diese Bedürfnisse zu befriedigen, erkennt er diese und erlebt sie auch. Tritt dieser Fall ein, wirken sich die Bedingungen positiv auf die Bereitschaft zum Lernen aus und selbstbestimmtes Lernen wird möglich (Vgl. Reinmann, 2005, S. 55-56).
Neben der Motivation spielt auch die Neugier in Lernprozessen eine Rolle. Neugierig wird der Mensch, wenn in ihm ein kognitiver Konflikt vorliegt. Das können zum Beispiel Ungereimtheiten sein, die den Lernenden verwirren. Dies bedeutet wiederum: Je mehr Wissen ein Lernender erwirbt, desto neugieriger wird er. Während Neugier kurzfristig besteht, ist Interesse eine längerfristige Beziehung einer Person zu einem bestimmten Sachverhalt. Lerninhalte und Lernhandlungen für die man sich interessiert, sind a) von positiven Gefühlen begleitet, besitzen b) eine hohe subjektive Bedeutung und gehen c) mit dem Gefühl der Selbstbestimmung einher. Es entsteht das Interesse mehr über die Sache wissen wollen, was wiederum zu Neugier führt (Vgl. Reinmann, 2005, S. 55-57).
„Der Begriff des Interesses steht in enger Verbindung zur intrinsischen Motivation und zur Selbstbestimmungstheorie: Die intrinsische Qualität kommt dadurch zustande, dass sich eine Person bei interessiertem Lernen mit dem jeweiligen Gegenstand identifiziert; die Selbstbestimmung ergibt sich daraus, dass sich die Person freiwillig mit den Dingen beschäftigt, die ihr am Herzen liegen.“ (Reinmann, 2005, S. 57)
Im Folgenden wird auf die Emotionen beim Lernen näher eingegangen: „Emotionen sind mehrdimensionale Konstrukte, die aus affektiven, physiologischen, kognitiven, expressiven und motivationalen Komponenten bestehen.“ (Frenzel & Stephens, 2011, S. 20) Um die Komponenten der Emotion zu beschreiben, führen Krapp & Weidenmann das Beispiel eines Schülers vor einer Klassenarbeit an. Es eignet sich sehr gut, um sich der verschiedenen Komponenten von Emotionen bewusst zu werden (Vgl. Krapp & Weidenmann, 2001, S. 215):
– Affektive Komponente: Nervöses Gefühl vor Klassenarbeit
– Physiologische Komponente: Schwitzen, Kopfschmerzen, Herzklopfen, flaues Gefühl im Magen
– Kognitive Komponente: Sorge über mangelnde Vorbereitung auf Klassenarbeit
– Expressive Komponente: Sorgenvoller Gesichtsausdruck
– Motivationale Komponente: Am liebsten würde der Schüler jetzt wegrennen
Studien zeigen zudem, dass positive Emotionen einen flexibleren Einsatz von Lernstrategien begünstigen (Vgl. Krapp & Weidenmann, 2001, S. 216-217). Zusammenfassend lässt sich festhalten, Lernerfolge die Selbstsicherheit fördern. Positive Rückmeldungen des Betreuers oder anderer Lernender führen zur Verbesserung des emotionalen Wohlbefindens. Lernleistung und Lernanstrengungen sind damit an weitere Personen gebunden, ein sympathischer Betreuer wirkt zum Beispiel motivierend. Siebert schreibt: „Ohne sozioemotionale Zuwendung durch die Lehrenden, ohne das Gefühl, akzeptiert und erst genommen zu werden, finden kaum nachhaltige Lernprozesse statt.“ (Siebert, 2003, S. 143-146)
Es wird deutlich, dass Motivation, Neugier und Interesse, sowie Emotionen in Lernprozessen nicht scharf voneinander abzugrenzen sind und sich zum Teil gegenseitig bedingen.